Immer wieder muss man es sich anhören: Wir sind eine durch die Medien verseuchte und verdorbene Generation. In Fernsehen und Kino werden wir mit Gewalt, Sex und einer verdrehten Realität bombardiert. Das Internet verdirbt die Jugend. Früher war alles besser!
Ach ja? Zugegeben, die Menge der Zeit die so mancher von uns “online” verbringt ist schon besorgniserregend. Wir sind immer erreichbar. Ich lege sogar manchmal das Buch weg, weil irgendeine unwichtige Push-Benachrichtigung auf meinem iPhone eingegangen ist. Das kommt aber auch selten vor, denn lesen tun die meisten kaum noch. Gewalt in Videospielen und Kinofilmen ist ebenso an der Tagesordnung wie eine halbnackte Frau in einer Werbung für ein Möbelhaus. Alles ist total normal und man merkt überhaupt nicht, wie bizarr die Welt in der wir leben eigentlich geworden ist.
Geworden? Ja, denn früher war doch alles besser. Totaler Quatsch, wie ich finde. Zur Zeit unserer Großeltern und deren Eltern waren die Beeinflussungen einfach anders. Aber sie waren dennoch da. Man hätte zwar nicht die Frau unter der Dusche, die ihre Brustwarzen nur mit den Ellbogen verdeckt, auf einer Plakatwand gesehen sondern eine im Kleid, die dir lachend das Shampoo entgegen streckt. Ich wette, die pubertierenden Jungs fanden es aber genauso geil. Das Bild war damals einfach anders.
Oft genug hört man, das man Kleinkinder nicht zu viele Zeichentrickserien sehen lassen soll, weil in einigen subtile Botschaften versteckt sind, die Kinder schon in frühen Jahren negativ beeinflussen können. So subtil ging Fleischer Studios nicht mit Kleinkindern um. Eher brachial. Fleischer Studios war in den 30er Jahren der größte Konkurrent Disneys und war damals sehr bekannt. Bis es dann irgendwann von Disney komplett verdrängt wurde.
Ich möchte euch heute zwei Cartoons zeigen, die beweisen, dass früher eben nicht alles besser war. Ich denke es war früher mindestens genauso gut/schlecht wie es heute ist – nur anders.
Der Hühnerdieb wird hier bis in den Friedhof gejagt. Sollte der junge Mann nachdem er ein paar mal mit dem Huhn Gestalt gewechselt hat noch nicht begriffen haben, dass etwas faul ist, tut er das spätestens als die Friedhofsmauer sich selbst zuschließt und den Schlüssel verschluckt. Unser Protagonist wird daraufhin von Gräbern und Geistern verfolgt. Er soll für seine Sünden bezahlen.
Er zeigt Reue, aber die kommt offensichtlich zu spät, denn selbst seine eigene Unterhose ist hinter ihm her. Am Ende fällt er in ein großes Loch in dem er von einem riesigen Messer zerteilt wird. (Was der tanzende Frosch soll versteh ich selber nicht.)
Als wäre das nicht schon genug Horror, endet das Filmchen mit einem Schädel der ihn verschluckt.
Wenn du einem 3-Jährigen erklären möchtest, wie die Hölle aussieht, dann zeig ihm diesen Cartoon. Denn durch die Hölle wird Bimbo hier im wahrsten Sinne des Wortes geschickt – von Mickey Mouse (Disney) wohl gemerkt. Unten angekommen wird Bimbo von komischen Kerzenständerkreaturen begrüßt, die immer wieder fragen “Wanna be a member? Wanna be a member?” (Willst du Mitglied werden?). Bimbo ist erschrocken und sagt nein. Daraufhin wird er von einem riesigen Messer in typischer Cartoon-Manier in den Po gestochen. Nach dieser und weiteren Prüfungen fragen die Kerzenständer wieder “Wanna be a member?” und die Antwort ist immer noch nein.
Bimbo wird vor die Wahl gestellt. 4 Türen: Tod, Unglück, Ungewissheit und eine winkende Hand. Er öffnet die ersten beiden und die misfallen ihm. Vor der dritten Türe hat er Angst und öffnet die Vierte. Aus der kommt eine Faust die ihm ins Gesicht schlägt und ihn durch die dritte Türe schickt. Dort muss Bimbo auf einem Fahrrad abstrampeln, das ihm konstant den Hintern versohlt bis letzterer fast Feuer fängt. (Wenn das nicht die Hölle ist, dann weiß ich auch nicht.)
Um den Hintern abzukühlen, springt er in einen Pool voll Wasser – jetzt ist das Wasser aber Glas. Aus einer Türe kommt Betty Boop. Sie ruft ihn zu sich durch die Türe. Dem Ruf der schönen Frau kann er nicht widerstehen. Verwirrt öffnet er Tür nach Tür, bis ihn die Letzte dann runterschluckt.
Es folgt eine Hetzjagd mit allem was die Cartoonwelt zu bieten hat. Riesige fallende Äxte, Wände, die zusammenfallen, der Schatten wird lebendig, und und und. Nachdem er dies hinter sich gebracht hat fragt ein Kerzenständer “Wanna be a member?”. Die Antwort ist nein. Doch jetzt verwandelt sich der Kerzenständer in Betty, die betörend für ihn tanzt. Sie fragt “Wanna be a member?”. Diesmal ist die Antwort ja.
Die Wände heben sich und bringen all die Kerzenständer zum Vorschein. Diese verwandeln sich kurzer Hand alle in Betty Boop. Bimbo gibt auf. Er tanzt und singt mit den Bettys.
Wer auch immer diese Comics gezeichnet hat, der hatte ernsthaft eine Schraube locker. Vielleicht haben eure Großeltern diese Cartoons gesehen.
Früher war nicht alles besser!
